Seit dem Erscheinen im Jahr 2010 ist der Mediaeinkauf über Real Time Bidding eine der am stärksten überbewerteten Technologien in der Werbung. Tatsächlich war RTB für die Werbetreibenden bislang eine große Enttäuschung – Werbetreibende können die ganze Aufregung um das Thema nicht nachvollziehen.
Und – dies ist derzeit das Hauptproblem bei RTB – wir wissen im Grunde noch nicht, was wir damit anfangen sollen. Wir haben die Entwicklung einer beeindruckenden Infrastruktur miterlebt, die so viel leisten könnte – und dennoch den Werbetreibenden bis heute kaum mehr geliefert hat als die Möglichkeit, die sie schon seit dem Aufkommen der Online-Anzeigenwerbung Ende der 90er Jahre getan haben, etwas einfacher und eventuell kostengünstiger zu machen.
Was kommt also als Nächstes? Was können wir erwarten und was müssen wir tun? Als Erstes ist Aufklärung wesentlich – nicht nur für Werbetreibende, sondern auch für die Menschen, die für Werbetreibende die Kampagnen entwerfen und umsetzen. Statt RTB als eine Methode zu sehen, um die gleichen alten Prozesse in leicht verbesserter Form weiterzubetreiben, müssen wir erkennen, was uns diese Technologie tatsächlich ermöglicht. Um es klar zu sagen: Letztendlich geht es darum, die Werbewirkung zu verbessern und nicht den Kaufprozess. Es sind in erster Linie zwei Schlüsseltechnologien, die diesen Wandel erleichtern werden: Die Durchsetzung der Datenmanagement-Plattform (DMP) auf breiter Front sowie dynamische Anzeigentechnologien.
Es scheint offensichtlich, dass der konzeptionelle Vorteil der Echtzeit-Technologie darin besteht, dass wir tatsächliche Zielgruppendaten als Grundlage für die Kaufentscheidung verwenden können und nicht nur Panels (TGI, ComScore usw.). Die wirkliche Veränderung und der Wettbewerbsvorteil für die Werbetreibenden werden sich aus der Erschließung des Wertes ihrer eigenen Daten ergeben. DMPs sind Plattformen, mit denen Werbetreibende die Kontrolle über ihr eigenes Datenkapital erlangen, indem die Daten an einem sicheren Ort gespeichert werden und flexibel analysiert und segmentiert werden können. Die Ergebnisse können dann in die Echtzeit-Kaufentscheidung einfließen, um diese Zielgruppen zu mobilisieren.
„Wie sieht denn so eine Echtzeit-Anzeige aus?“ Diese Frage wurde mir kürzlich von einem großen Werbekunden gestellt und fasst eines der grundlegendsten Probleme zusammen, die wir als Branche derzeit haben. Da haben wir diese fantastische Technologie, die es uns ermöglicht, unsere Zielgruppen genau eingrenzen und exklusiv für diese bieten zu können – und dann zeigen wir ihnen meistens die gleiche Anzeige, die auch jeder andere zu sehen bekommt. Dies hat mit der Aufklärung jedes Einzelnen in der Branche zu tun. Es ist l für uns häufig noch normal unsere Mediaplanung nicht allzu gezielt gestalten zu können, so dass wir uns daran gewöhnt haben, Werbemittel zu gestalten, die Millionen von Menschen gefallen müssen. Wenn nun die Möglichkeit kommt, kleinere Zielgruppen gezielter anzusprechen, ist unsere bisherige Arbeitsweise nicht mehr geeignet. Denken Sie an die Suchmaschinenwerbung: Als dort die Möglichkeit eingeführt wurde, Anzeigentexte dynamisch aufzubauen, stiegen die Responsewerte im Vergleich zu statischen Texten dramatisch an. Wenn wir eine Zielgruppe ansprechen, weil sie in Berlin lebt oder weil heute die Sonne scheint oder weil sie unsere Website besucht hat, sollten wir auch den Inhalt der Anzeige auf dieser Grundlage personalisieren. Die Technologie dafür ist vorhanden – es sind nur unsere Planungsprozesse und Kreativagenturen, die sich anpassen müssen.
In den letzten zweieinhalb Jahren hat eine gewaltige Veränderung stattgefunden, und es wird heute niemand mehr leugnen, dass der automatisierte RTB-Handel die Zukunft ist.
Wenn wir jedoch das darin liegende Potenzial wirklich nutzen wollen, müssen wir die naheliegendste aller Funktionen verändern, nämlich wie wir darüber denken.
Martin Kelly, CEO und Co-Founder, Infectious Media